Fusseinlagen aus dem 3D-Drucker

Druckempfindliche Füsse – für Diabetiker:innen und Personen mit Fussfehlstellungen ein häufiges und ernstes Problem. Massgeschneiderte Fusseinlagen sind die Lösung; die Herstellung ist aber ressourcenintensiv und staubig. Was bringen Weiterentwicklungen der Produktionsverfahren?

Bild: Daniel Seiler, FHNW

Massgeschneiderte Fusseinlagen werden heute unter anderem mit 3D-Druckern realisiert. Da aber nur ein Material verarbeitet werden kann, werden die unerlässlichen unterschiedlichen Härten innerhalb der Einlage über die Struktur erreicht. Daniel Seiler von der FHNW in Muttenz war bereits 2021 überzeugt, dass Weiterentwicklungen beim 3D-Druck Alternativen ermöglichen.

Ein Drucker – mehrere Materialien

Von der Idee zum Projekt: In den bestehenden Verfahren mit 3D-Druck wird ein Kunststoff entweder in Pulverform verschmolzen oder als Harz mit UV-Licht verhärtet, immer limitiert auf ein Material. Seiler verfolgte den Ansatz, geschmolzenen Kunststoff durch eine Düse zu drücken und so etwas wie Kunststoff-Spaghetti schichtweise abzulagern. Das Verfahren an sich ist nicht neu, sondern unter dem Namen Fused Filament Fabrication FFF oder auf Deutsch als Schmelzschichtung bekannt. Es erlaubt, verschiedene Materialien in separaten Schichten – also in Streifen – aufzutragen. Das kleine Team an der FHNW entwickelte einen Drucker mit mehreren unabhängigen Druckköpfen, die dieser während des Druckprozesses gemäss dem vorgegebenen räumlichen Modell selbstständig wechselt und so unterschiedlich harte Kunststoffe innerhalb einer Schicht ablagert: Die massgeschneiderte Fusseinlage mit Stützstrukturen und weichen Stellen zur Druckentlastung ist Tatsache. Ein Medizintechniker und ein Medizininformatiker haben den Drucker am Institut für Medizintechnik und Medizininformatik der FHNW innerhalb kürzester Zeit entwickelt. Daniel Seiler lobt die Teamleistung und den Teamspirit und sagt: «Wir sind stolz, dass ein Profitriathlet einen Prototypen der Fusseinlage verwendet und zufrieden ist.» Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Herstellung findet ressourcenschonender, ohne giftiges Harz und – da die Nachbearbeitung wegfällt – staubfrei statt; ausserdem werden Härte und Elastizität der Einlagen nicht nur durch die Struktur, sondern zusätzlich durch das Material variiert. Dies erweitert die Möglichkeiten der Individualisierung und Anwendungen und erhöht den Komfort.

Point-of-Care-Manufacturing als Vision

Fussdatenerhebung, Diagnose, Design und zuletzt Herstellung: Der Prozess bis zum Vorliegen der Einlage ist mehrstufig, auf der Stufe des Designs manuell und somit abhängig von der Interpretation und Erfahrung der Orthopädietechniker:innen. In künftigen Forschungsprojekten soll der Diagnose- und Designprozess mit künstlicher Intelligenz unterstützt und teilautomatisiert werden, um diesen Flaschenhals für die Skalierung zu beseitigen. Zugleich wird in einer Zusammenarbeit mit Expert:innen vom Orthopädietechnik-Unternehmen Orthopodo Malgaroli die Möglichkeit evaluiert, mehrere Drucker direkt in verschiedenen Standorten dezentral zu betreiben. Diagnose, Vermessung, Design und Herstellung der Einlage könnten dann während einer einzigen Konsultation stattfinden, welche die Patient:innen mit der fertigen Einlage in den Schuhen verlassen. Oder wie es Daniel Seiler ausdrückt: «Das wäre dann echtes Point-of-Care-Manufacturing, also Herstellung direkt bei den Patient:innen.»

Die Teams an der FHNW und Orthopodo Malgaroli haben bereits weitere Anwendungen vor Augen: Massgeschneiderte Fusseinlagen können nicht nur für therapeutische, sondern auch für präventive Anwendungen eingesetzt werden. Damit öffnet sich der Markt für Sportler:innen. Ferner schwebt ihnen vor, mit weiteren Partnern den Druck von Übungsobjekten wie Knochenmodellen mit Sehnen und Muskeln für Chirurg:innen zu entwickeln.

Umfassende und weiterführende Informationen zum Thema finden sich im Beitrag 3D-Druck von Komposit- und Multimaterialien.

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