Den Energieverbrauch modellieren

Sinkende Margen und steigende Energiepreise belasten besonders jene Unternehmen aus der produzierenden Industrie, die ihre Produkte nur mit hohem Einsatz von Energie herstellen können. Octotronic hat einen Digital Twin entwickelt, mit dem Unternehmen ihren Energiebedarf modellieren und für das einzelne Produkt ausweisen können. Die Software nutzt Daten aus dem Produktionsprozess und Verfahren des maschinellen Lernens.

Bild: Octotronic

Die Herausforderung

Man könnte meinen, es sei ein Leichtes, den Energieverbrauch eines Unternehmens zu berechnen: In der Tat ist dies aber ein ziemlich komplexes Unterfangen, und der Energieverbrauch kann starken Schwankungen unterliegen. Mögliche Einflüsse sind: Raum- und/oder Umgebungstemperaturen, Nichteinhalten von Aufwärmzeiten oder Leerlauf- und Leerstandzeiten, falsche oder ungenügende Isolationen in den Maschinen.

Klimaneutralität, steigende Energiekosten und sinkende Margen können es für Unternehmen aus der produzierenden Industrie sinnvoll machen, die Energieflüsse etwas genauer zu betrachten. Sei es, um Sparpotenziale zu ermitteln, die tatsächlichen Produktionskosten zu berechnen oder um eine Energiebedarfsplanung zu erstellen. Angesichts der Notwendigkeit zur Dekarbonisierung ganzer Wirtschaftszweige und steigender Energiekosten wird eine genaue Analyse von Energieflüssen immer wichtiger.

Energy Twin

Zur präziseren Bestimmung des Stromverbrauchs entwickelt Octotronic jeweils passgenau auf die Anforderungen der Kund:innen einen Digital Twin oder digitalen Zwilling, um die Energieflüsse zu ermitteln. Diesen nennen sie Energy Twin. Dieser ist in der Lage, den Energieverbrauch eines Unternehmens oder einer Fabrik zu modellieren und für die drei Dimensionen Produkt, Prozesse und Infrastruktur auszuweisen. Der Energy Twin nutzt einerseits vorhandene Daten, etwa aus ERP-Systemen (ERP = Enterprise Resource Planning), andererseits werden Messgeräte angebracht, die den Stromverbrauch oder die Umgebungstemperatur messen. Auf Produktebene wird jedem einzelnen hergestellten Produkt ein virtueller Stromzähler mitgegeben. Dieser Zähler misst, wie viel Energie zur Produktion an jeder Stelle im Prozess verbraucht wird. Diese Messdaten werden isoliert und bereinigt. Einflussfaktoren wie Prozessparameter und Umgebungstemperatur werden herausgerechnet, damit sie einzeln berücksichtigt werden können.

Auf der Prozessebene wird analysiert, wie viel Energie benötigt wird, um Maschinen zu starten, etwa durch Aufwärmzeiten. Auf Ebene Infrastruktur können diese Daten dann mit weiteren Energieflüssen für Beleuchtung, Wärme und/oder Kälte abgeglichen werden.

Mithilfe von Algorithmen und KI-Komponenten können Verbrauchswerte analysiert und modelliert werden. So muss zum Beispiel nicht zu jeder Zeit der Energieverbrauch von allen Maschinen eines bestimmten Typs gemessen werden. Damit kann die Anzahl Messgeräte signifikant verringert werden. Darüber hinaus ist es möglich, den Energieverbrauch auch dann zu berechnen, wenn die Produktion an verschiedenen Standorten stattfindet.

Digitalisierung von Industriebetrieben

Gerade Unternehmen, die in Sektoren tätig sind, in denen die Margen tief und die Energiekosten hoch sind, können mithilfe einer solchen Lösung entscheidende Kosten einsparen. Zudem ermöglicht ein Energy Twin die Bestimmung der CO2-Bilanz eines einzelnen Produktes, was die Transformation zu nachhaltigeren Produktionsweisen fördern kann. Denn erst eine laufende Überwachung des Verbrauchs ermöglicht konstante Verbesserungen.

In der Praxis zeigen sich aber zahlreiche Herausforderungen, die gelöst werden müssen, bevor Fabriken vernetzt werden können. Daten, die sich in Programmen ohne Möglichkeit zur Anbindung an externe Daten, also in Datensilos, befinden, müssen zugänglich gemacht und entsprechend aufbereitet werden.

Solche Digitalisierungsprojekte zur Vernetzung von Produktionsmaschinen (siehe Beitrag: vernetzte Maschinen) erfordern auch die Transformation der Unternehmensprozesse.

Oft ist aus technischer Sicht klar, was getan werden müsste. Dennoch erfordert die Integration von digitalen Zwillingen eine klare Strategie, die nicht von Lösungen aus denkt, sondern ihren Ausgangspunkt bei Problemen sucht, die gelöst werden wollen.