Extended Reality

Expert:innen: Doris Agotai (FHNW), Andreas Kunz (ETH Zürich)

Der Begriff Extended Reality umfasst Anwendungen auf dem Spektrum von Mixed Reality bis hin zu immersiven Virtual-Reality-Anwendungen, die die Nutzer:innen gänzlich eintauchen lassen. Die Hardware wird kaum in der Schweiz entwickelt, allerdings gibt es hierzulande einige Unternehmen und Agenturen, die Software für solche Geräte entwickeln. Die Technologie erlaubt interessante Anwendungen für verschiedene Branchen und Sektoren.

Bild: XR Expo, Unsplash

Definition

Extended Reality (XR) ist ein Sammelbegriff für Technologien, die computergenerierte Umgebungen und Objekte erstellen und im Wahrnehmungsfeld der Nutzer:innen anzeigen. Die Technologien definieren sich durch das unterschiedliche Verhältnis von realer und virtueller Welt.

Auf der einen Seite des Spektrums befinden sich Anwendungen im Bereich Mixed Reality (MR), bei denen die reale Welt im Mittelpunkt der Wahrnehmung steht und digitale Objekte als Ergänzung zur anzeigt werden. Eine Datenbrille, eine Projektion oder ein Smartphone ergänzen die Wahrnehmung des Menschen z. B. um Informationstexte, die das Gesehene, etwa ein Gebäude oder eine Maschine, näher beschreiben oder ine Bedienungsanleitung, Wegbeschreibung oder dergleichen abgeben.

Auf der anderen Seite finden sich Anwendungen im Bereich Virtual Reality (VR). Der Begriff der virtuellen Realität entwickelte sich parallel zum Computer und seiner Möglichkeit, Realität zu simulieren. Heute wird dagegen ein enger gefasster Begriff der virtuellen Realität gebraucht: Darunter fallen Anwendungen, die eine computergenerierte dreidimensionale 360-Grad-Umgebung anzeigen und die Nutzer:innen komplett in eine solche Umgebung eintauchen lassen. Die reale Welt bleibt dabei vollständig ausgeblendet. Im Gegensatz zu Anwendungen im Bereich MR brauchen Nutzer:innen von VR-Anwendungen spezifische Hardware, etwa ein Head-Mounted-Display, das in der Umgangssprache auch VR-Brille genannt wird. Wie der Name sagt, ist es ein Display, das am Kopf befestigt wird und so einer Brille ähnlichsieht.

 

Heutige und zukünftige Anwendungen

Im Segment der Endnutzer:innen hat sich XR insbesondere im Gaming-Bereich etabliert. Auch in der Industrie kommen bereits unterschiedliche Anwendungen im Bereich Extended Reality (XR) zum Einsatz. Diese zeigen beispielsweise Informationen in Echtzeit aus einem Digitalen Zwilling an. Solche neuen Mensch-Maschine-Schnittstellen ermöglichen eine verbesserte und intuitivere Interaktion, etwa indem sie Techniker:innen bei der Wartung von Maschinen helfen. Auch in der Schulung von Mitarbeitenden kommen Virtual-Reality-Anwendungen zum Einsatz. Im Salesbereich versprechen XR-Anwendungen Neuerungen; gerade bei komplexen Produkten ermöglichen begehbare 3D-Modelle eine bessere Repräsentation und Konfiguration des zu verkaufenden Objektes im Vergleich zu einer Fotografie oder Zeichnung. Beim Verkauf von Immobilien etwa können die Räume bereits vor dem eigentlichen Baubeginn begangen werden, es tun sich also Verbindungen zum Building Information Modelling (BIM) auf. Auch in der Nutzungsphase eines Gebäudes kann basierend auf den BIM-Daten mit XR direkt im Raum angezeigt werden, wo Leitungen verlegt sind. Weiter wird XR in der Produktionsplanung und in der Ausgestaltung von Arbeitsplätzen eingesetzt. Darüber hinaus existieren auch bereits etliche XR-Anwendungen in der Medizin, beispielsweise in der Diagnose und Therapie von Phobien.

Infolge der Umbenennung von Facebook Inc. zu Meta im Jahr 2021 kam dem Begriff des Metaversums viel diskursive Aufmerksamkeit zu. Auch wenn das Interesse der Öffentlichkeit an Begriff und Konzept des Metaversums etwas nachgelassen hat, bleibt die Vision eines Metaversums bestehen, wie die Anstrengungen von Apple, Alphabet, Meta, Microsoft und weiteren grossen Softwareherstellern zeigen. Die Begriffe Metaversum und virtuelle Realität werden oft durcheinandergebracht. Im Unterschied zu einzelnen Anwendungen im Bereich der virtuellen Realität steht das Metaversum für die Vision der Verbindung von verschiedenen virtuellen Welten. Während Anwendungen im Feld des VR oft geschlossen sind und von ihren Nutzer:innen nicht verändert werden können, steht das Metaversum für eine offene und von Nutzer:innen veränderbare Welt, die auch Austausch und Zusammenarbeit ermöglicht. Die Teilnahme am Metaversum kann über Head-Mounted-Displays erfolgen oder über ein anderes Gerät, etwa Smartphone, Tablet oder Computer. Ziel ist eine weitgehende Verschmelzung von realer und virtueller Welt; noch ist unklar, ob es sich beim Begriff des Metaversums insbesondere um einen Begriff handelt, der von Marketingabteilungen geprägt ist und ob solche Anwendungen langfristig auf Interesse stossen. Ebenfalls bleibt unklar, was die Folgen einer zunehmenden Verschmelzung von virtueller und realer Realität sind.

Chancen und Herausforderungen

XR-Anwendungen ermöglichen eine hohe Wertschöpfung – und dies nicht nur für Unternehmen, die entsprechende Anwendungen herstellen oder anpassen, sondern auch für jene Unternehmen, die solche Anwendungen einsetzen, um Produktionsprozesse anzupassen und zu optimieren. Auch wenn in der Schweiz kaum Hardware für solche Anwendungen hergestellt wird, ist die Schweiz mit ihren Hochschulen, den Arbeitsplätzen von Meta, Google und Microsoft, aber auch dem Disney Research Studios sehr gut positioniert, um anspruchsvolle Software für XR zu realisieren.

Durch den Preisrückgang der entsprechenden Hardware wurden XR-Anwendungen für KMU und Privatpersonen erschwinglich, und sie sind in vielen Branchen für vielfältige Einsatzbereiche angekommen. Durch entsprechende Frameworks, die von den Hardware-Herstellern zur Verfügung gestellt werden, können einfach und relativ kostengünstig neue XR-Produkte entwickelt werden.

Gerade für produktorientierte Unternehmen der produzierenden Industrie bieten Technologien wie XR die Möglichkeit, neue Dienstleistungen zu entwickeln.

Förderung

Der Bereich Extended Reality stösst auch auf Nachfrage vonseiten der Wirtschaft. Deshalb werden relativ viele Projekte gefördert. Wegen der zunehmenden Interdisziplinarität der Projekte wird es allerdings immer schwieriger, an entsprechende Fördermittel zu kommen, da das Fördersystem stark disziplinär funktioniert. Dies ist kein Spezifikum dieses Feldes, hat aber dennoch grosse Auswirkungen auf die Förderung von XR-Projekten.

Weiterführende Literatur

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